Title | Die Entwicklung der bäuerlichen Familienwirtschaft im Kontext des Strukturwandels in der Schweizer Landwirtschaft |
Author | Gabriela RAUBER |
Director of thesis | Prof. Dr. Heinzpeter Znoj |
Co-director of thesis | |
Summary of thesis | Die Schweizer Landwirtschaft und mit ihr ihre zentralsten Akteure, die Schweizer Bauern, erfahren seit Beginn der 1990er Jahren fundamentale Veränderungen initiiert durch einen Kurswechsel der Agrarpolitik. Ausgangslage dieser Neuorientierung ist der Abbau der nährständisch orientierten ‚alten’ Agrarpolitik, die in den Notstandserfahrungen des 1. Weltkrieges wurzelte, und die sukzessive Hinwendung zu einer weltmarktintegrierten und nachhaltig produzierenden Landwirtschaft. Misst man für diesen Zeitraum die Zahl der bäuerlichen Betriebe, deren Grössenverhältnisse und die Anzahl der Beschäftigten, so lässt sich ein massiver Strukturwandel erkennen (BLW 2010). So hat zwischen 1990 und 2009 die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe von 92’815 auf 60’034 abgenommen, am stärksten davon betroffen waren die Klein- und Kleinstbetriebe. Ebenso sank die Anzahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten von 253’149 auf 166'722 Personen. Die durchschnittlich bewirtschaftete Fläche eines Betriebs stieg hingegen in diesem Zeitraum von 11.51 Hektaren auf 17.6 Hektaren an (BfS 2010). Die landwirtschaftlich bewirtschaftete Fläche blieb insgesamt konstant. Ungeachtet dieser massiven strukturellen Veränderungen sind landwirtschaftliche Betriebe in der Schweiz nach wie vor mehrheitlich bäuerliche Familienwirtschaften, die idealtypischerweise eine Einheit von Produktion, Erwerb, Arbeit, Konsum, Besitz, Verbrauch, und Familienleben darstellen (Schallberger 1996: 27). Auch wenn dieser Idealtypus sowohl durch ausserlandwirtschaftliches Nebeneinkommen eines Betriebsleiters, als auch durch eine berufliche Orientierung der Nachkommen ausserhalb der Landwirtschaft beschnitten wird, so zeigt sich doch das entscheidende Kriterium: Familienwirtschaft verbindet auf engem Raum Familienleben und Arbeitswelt. Dies ermöglicht flexible Muster der Arbeitsteilung und des Arbeitseinsatzes innerhalb des Familienbetriebs und erlaubt über die relativ frei zur Verfügung stehenden Familienarbeitskräfte, wechselnden klimatischen und saisonalen Naturbedingungen Rechnung zu tragen (Schallberger 1999: 6). Das vorliegende Projekt analysiert die gegenwärtige Entwicklung dieser Familienwirtschaften. Es legt den Fokus auf die Mitglieder der Bauernfamilie als handelnde Akteure und es fragt nach deren Anpassungs- und Aushandlungsprozessen im Kontext der sich wandelnden strukturellen Rahmenbedingungen. Zentrales Augenmerk gilt dabei der Arbeit. Angesichts der Tatsache, dass einerseits Betriebe im Zuge des agrarstrukturalen Wandels mit immer weniger Arbeitskräften bewirtschaftet werden und dass andererseits das landwirtschaftliche Einkommen deutlich unter dem Schweizerischen Durchschnittslohn liegt, wird untersucht, wie Arbeit von den Akteuren definiert wird, wie die anfallenden Aufgaben unter den Familienmitgliedern verteilt werden und welche Rolle dabei unentgeltliche Mitarbeit aus dem familiären und familiennahen Umfeld spielt. Die Arbeit im bäuerlichen Familienbetrieb soll in interdisziplinärer Herangehensweise in sozialanthropologischer und agrarökonomischer Perspektive untersucht werden. Arbeit wird dabei als die Schnittstelle betrachtet, in der kulturelle und soziale Haltungen, das „ethos du labeur paysan“ (Droz 2001: 107) und betriebswirtschaftliche Rationalität einander ergänzen, aber auch widersprechen. Sie wird als zentrales Aushandlungsfeld betrachtet, in dem sich das bäuerliche Milieu ideologisch und gesellschaftlich reproduziert und worin sich der bäuerliche Umgang mit dem Strukturwandel konstituiert.
Teilprojekt I (Dissertation in Sozialanthropologie) untersucht Motive und Strategien der Bauernfamilie, die im Kontext des Strukturwandels für die Entwicklung des eigenen Hofes entscheidend sind und richtet dabei spezielles Augenmerk auf die Bedeutung unentgeltlicher Arbeit. Eng damit verflochten, befasst es sich mit dem oft kleinräumigen, aber dichten bäuerlichen Beziehungsgeflecht und mit kulturellen und ideologischen Werten und Normalitätsvorstellungen der Bauernfamilien.
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